Viele Preiserhöhungsklauseln in Strom und Gasverträgen sind rechtswidrig. Welche Konsequenzen hat dies für den Energieverbraucher und wie bekommt man sein Geld zurück:
Bereits im März 2013 hatte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (C-92/11 vom 21.03.2013) eine für Energieverbraucher wichtige Entscheidung getroffen.
Die sog. Standardklauseln in Energieverträgen zu Preiserhöhungen unterliegen nach dieser Entscheidung der Missbrauchskontrolle. Es ist Sache der nationalen Gerichte dann zu beurteilen, ob diese Klauseln, die hier dem Gasversorger eine einseitige Preiserhöhung erlauben, den Anforderungen an Treu Glauben sowie an Ausgewogenheit und Preistransparenz genügen.
In einem Musterprozess der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte der BGH dann am 31.07.2013 entschieden (Az.: VIII ZR 162/09), dass die Preisanpassungsklauseln auch für die Vergangenheit der gerichtlichen Überprüfung unterliegen.
Der Autor und auf Energierecht spezialisierte Rechtsanwalt Hanno Blatzheim hatte bereits im Jahr 1999 festgestellt, dass sich viele der Preisanpassungsklauseln in Strom- und Gaslieferverträgen wie eineiige Zwillinge gleichen.
Daraus folgt, dass Millionen Energieverbrauchern Rückzahlungsansprüche in beträchtlicher Höhe gegenüber ihrem Energieversorger zustehen.
Das von der Verbraucherzentrale NRW gegen RWE in einem jahrelangen Rechtsstreit erfolgreich betriebene Verfahren öffnet also Tür und Tor für weitere Rechtsstreitigkeiten.
Gegenstand dieser Verfahren waren zwar Gaspreisanpassungsklauseln, Tatsache ist jedoch auch, dass die energierechtlichen Grundsätze zu dieser Entscheidung auch auf Stromlieferverträge anzuwenden sind.
Rechtsanwalt Blatzheim verweist hier auf die einheitlichen Grundsätze der leitungsgebundenen Energieversorgung, die insbesondere die Bereiche Strom, Gas und auch Fernwärme betreffen. Zugleich droht diesen Ansprüchen jedoch auch die Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gemäß §§ 195, 199 BGB. Sie beträgt 3 Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Energieverbraucher von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Diese Frage der Kenntnis ist höchst kompliziert. Die Rechtsprechung zum Aufschub des Verjährungsbeginns bei unklarer Rechtslage ist nicht einheitlich. Im Idealfall könnte der Energieverbraucher erst mit Kenntnis oder kennen müssen des BGH-Urteils vom 31.07.2013 noch 10 Jahre zurückfordern und nicht nur 3 Jahre, beginnend mit dem Schluss des jeweiligen Jahres in dem der Anspruch entstanden ist. Der BGH neigt jedoch seit 2012 eindeutig zur Begrenzung der Verjährung auf 3 Jahre.
Den Energieversorgern drohen ergo Rückforderungen in Milliardenhöhe – aber nur dann – wenn die Energieverbraucher auch aktiv werden.
Die Verbraucherzentrale NRW stellt unter dem folgenden Link einen Musterbrief zur
Verfügung: http://www.vz-nrw.de/mediabig/107041A.pdf