Teil 5 der Serie: 10 Jahre Strom- und Gasmarktliberalisierung in Deutschland

Energiesteuern

„Die unsoziale Steuerreform“

1. Einführung
 
Mit dem Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform hatte der Deutsche Bundestag die Einführung der „Ökosteuer“ zum 01.04.1999 beschlossen.
 
Das Gesetz beinhaltete das Stromsteuergesetz und das geänderte Mineralölsteuergesetz.
 
Ziel des Gesetzes war angeblich die Förderung eines sparsamen Energieverbrauchs und die Senkung der Lohnnebenkosten in Form einer Senkung der Rentenversicherungsbeiträge.
 
Seit April 1999 fand dann eine in 5 Reformstufen schrittweise Erhöhung der Energiebesteuerung statt.
 
Die letzte und fünfte Verteuerung des Energiebezugs erfolgte zum 01. Januar 2003.

Seit diesem Zeitpunkt betrug beispielsweise die Stromsteuer 2,05 Cent/kWh.

Die Umsetzung der Energiesteuer-Richtlinie (RL 2003/96) in nationales Recht erforderte es, das deutsche Mineralölsteuerrecht grundlegend neu zu formulieren. Zum 01. August 2006 trat daher das Energiesteuergesetz in Kraft und löste das frühere Mineralölsteuergesetz ab. Zeitgleich wurde das Stromsteuergesetz in einigen Punkten geändert.

 
2. Wie viel bekommt der Staat von den Energiekosten?

Heute entfallen mehr als 40 % des Strompreises für einen Haushaltskunden auf Steuern und Abgaben.

Über 41 Cent von jedem Euro der Stromrechnung zahlen Energieverbraucher in Deutschland für Umsatzsteuer, Konzessionsabgabe, Ökosteuer, Abgaben zur Förderung erneuerbaren Energien (EEG) und die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG).

Die Konzessionsabgabe ist an die lokale Gemeinde, für die Nutzung des Wegenetzes zu entrichten. Sie beträgt je nach Größe der Gemeinde zwischen 1,32 und 2.39 Cent/kWh. Auch für Gas wird eine Konzessionsabgabe erhoben. Sie beträgt hier beispielsweise für kleine Gemeinden bis 25.000 Einwohner 0,51 Cent/kWh und für Gemeinden über 500.000 Einwohner 0,93 Cent/kWh.
 
Die Stromsteuer beträgt aktuell 2,05 Cent/kWh und wird zusätzlich erhoben. Weiterhin sind Zuschläge nach dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) und dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Höhe von ca. 1,1 Cent /kWh zu zahlen. Auf den gesamten Strompreis wird dann nochmals 19 % Umsatzsteuer erhoben.

Beispielrechnung:

Strompreis 22 Cent/kWh
Umsatzsteuer 3,51 Cent
Stromsteuer 2,05 Cent
Konzessionsabgabe bis zu 2,39 Cent
EEG und KWKG Zuschlag ca. 1,01 Cent
Steuerbelastung 9,05 Cent/kWh

Steuerbelastung                                 41,14 %                      

Bedenkt man nun, dass seit der Einführung der „Ökologischen Steuerreform“ in 1999 eine Kilowattstunde Strom im Schnitt 3 Cent bei der Erzeugung kostete, sind heute allein die Abgaben auf Strom dreimal so hoch wie die damaligen Erzeugungspreise.
 
Aufgrund weiterhin steigender Abgaben durch den Einsatz hoch subventionierter Photovoltaikanlagen (ca. 50 Cent/kWh) und ebenfalls hoch subventionierter Windkraftanlagen (ca. 20 Cent/kWh), ist mit weiteren erheblichen Preissteigerungen und Abgabenbelastungen zu rechnen.
 
Im Ergebnis steuert Deutschland systematisch bei der Stromversorgung deutscher Haushalte auf eine ähnlich hohe Belastung zu wie im Bereich der Benzin und Dieselbesteuerung.
 

3. Die unsoziale Steuerreform

Aus der vorgenannten Betrachtung wird deutlich, dass insbesondere Politiker oftmals unehrlich zu ihren Wählern sind wenn sie behaupten, alleine die Industrie und die steigenden Ölpreise seien für eine Verteuerung der Energiepreise in Deutschland verantwortlich.
 
Das der Staat hier die zentrale Rolle bei der Preisspirale übernommen hat, wird wider den Tatsachen verschwiegen.
 
Zudem stellt sich die ökologische Steuerreform als in hohem Masse unsozial dar!
 
Sondervertragskunden zahlen anstatt bis zu 2,39 Cent/kWh Konzessionsabgabe, lediglich 0.11 Cent/kWh. Das ist weniger als ein zwanzigstel des Teiles den ein Haushaltskunde bezahlen muss.
 
Darüber hinaus können Unternehmen des produzierenden Gewerbes eine Entlastung von der Stromsteuer um 40 % erhalten (bis 2003 80 %). 
 
Des weiteren können diese Unternehmen die Umsatzsteuer als so genannte Vorsteuer absetzen.
Ein Haupteffekt der ökologischen Steuerreform war die Senkung der Lohnnebenkosten. Auch diese Segnung des Stromsteuergesetzes kommt in erster Linie großen Unternehmen zu und zwar aus zwei Gründen:
 
1. Kleine und mittlere Betriebe die nicht mehr als 50.000 kWh Strom pro Jahr verbrauchen, erhalten überhaupt keine Ermäßigung, weil bis zu diesem Betrag keine Ermäßigung gezahlt wird.
 
2. Großbetriebe, die Millionen von Kilowattstunden verbrauchen, können über den Spitzenausgleich fast die gesamte Mehrbelastung erstattet bekommen.      
 
Unter diesem Blickwinkel kann es als höchst unsozial bezeichnet werden, wenn beispielsweise eine Rentnerin mit einer Nachtspeicherheizung, oder eine 4-köpfige Familie mit 6.000 kWh Jahresverbrauch, Deutschen Großunternehmen die Senkung der Lohnnebenkosten bezahlt.
 
Das zudem die hohen Subventionen auf erneuerbare Energien die Gesamtbevölkerung mit weiterhin steigenden Strompreisen belasten, wird ebenfalls gerne unter den Tisch gekehrt.
 
Profiteure sind diejenigen, die genug Kapital haben um im großen Umfang in erneuerbare Energien zu investieren und die Subvention letztlich auf Kosten der Allgemeinheit kassieren.
 
Zusammenfassend kann man daher die ökologische Steuerreform mit Recht als unsoziale Steuerreform bezeichnen.
 
 
   
 
 
 
 
 
 

 

 

 

4. Steuerrechtliche Besonderheiten

Stromsteuer und Mineralölsteuer sind Verbrauchssteuern.
 
Sie werden von den Hauptzollämtern erhoben und nur die Hauptzollämter erteilen einen so genannten Erlaubnisschein um beispielsweise die Stromsteuer zu einem reduzierten Satz von aktuell 60 % zu beziehen.
 
Bei der Mineralölsteuer kann eine entsprechende Erstattung nur nachtäglich erlangt werden. Auch hierzu ist ein Antrag bei den zuständigen Hauptzollämtern zu stellen.
 
Eine Besonderheit stellt des weiteren der so genannte Spitzenausgleich nach § 10 StromStG bzw. § 25a MinöStG dar.
 
Nach diesen Vorschriften können Betriebe zusätzlich den Anteil der Steuern erstattet bekommen, der sie über die Senkung der Rentenversicherungsbeiträge hinaus, gegenüber dem Stand von 1998 zusätzlich belastet.
 
Diese Regelung ist kompliziert.
 
Beim Spitzenausgleich nach § 10 StromStG findet ein Vergleich mit den Beiträgen des Arbeitgebers zur gesetzlichen Rentenversicherung und der Stromsteuerbelastung statt.
 
Soweit der Arbeitgeber durch die Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge entlastet wurde (heutige Beiträge in Vergleich zu den Beiträgen von 1998), muss er die Stromsteuer in der Höhe der Entlastung tragen.

Soweit der Arbeitgeber zusätzlich belastet wird, kann er den Spitzenausgleich nach § 10 StromStG beantragen.

 

Beitragsentwicklung der Rentenversicherung
1998 1999 2008
20,3 % 19,5 % 19,9 %

 

Die Gesetzeslage ist durch die Einführung und Novellierung im Rahmen des Energiesteuergesetzes vom 15. Juli 2006 (BGBl. I S. 1534) nicht einfacher geworden.

Heute müssen Betriebe des produzierenden Gewerbes fünf verschiedene Anträge stellen um letztlich in den Genus von möglichen Steuererstattungen zu gelangen.

Einzelheiten dazu unter Stromsteuer Spezial

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Über Rechtsanwalt Hanno Blatzheim

Rechtsanwalt Hanno Blatzheim ist seit 1997 (Magazin Focus) auf dem Spezialgebiet des Energierechts tätig. Er hat die Liberalisierung des Energiemarktes seit April 1998 von Beginn an begleitet und schon 1997 im Nachrichtenmagazin Focus und 1998 und 1999 im ZDF-Magazin Frontal auf erhebliche Missstände bei Stromtarifen und Stromabrechnungen hingewiesen. Laut ZDF-Magazin Frontal ist er einer der Experten in Deutschland. Er berät Energieverbraucher und Unternehmen in Deutschland und Europa in allen rechtlichen Fragen der Energieversorgung. Für Stromkosten. de und Energiekosten.de schreibt er exklusiv über aktuelle Themen und berichtet aus der anwaltlichen Praxis.